Interview // Bienen und Natur
Im Mai 2022 ist in Deutschlands auflagenstärksten Imkerzeitschrift „Bienen und Natur“ ein umfangreiches Portrait über Anna-Lisa Giehl, ihre Begeisterung für die Bienen, das Bienenhaus und ihre Arbeitsweise erschienen. Hier findest du die Rohfassung des Interviews. Die Fragen stellte Susanne Matschullies, Imkergesellin und freie Mitarbeiterin des Deutschen Landwirtschaftsverlages.
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Welche Betriebsweise führt die Waldimkerei, bzw. wie würden Sie die Ihre bezeichnen?
Meine Betriebsweise hat sich mit den Jahren angepasst an die Ressourcen, die mir die Landschaft meiner Umgebung liefert, sowie an mein eigenes Können. Ich betreibe eine Standimkerei mit kleinen Bienenständen von 8-15 Völkern. Für eine Spättracht wandere ich in die Heide.
Ich lege viel Wert auf eine sorgsame Auswahl der Bienenstände. Hier muss das Kleinklima passen, den Bienen müssen ganzjährig vielseitige Futterquellen geboten werden und ich als Imkerin muss mich auch wohl fühlen. Das heißt folglich genügend Abstand zu intensiv genutzten landwirtschaftlichen Flächen, gesundes Wasser im nahen Umfeld, ein schützendes Blätterdach über den Kästen.
Ich arbeite mit einer Biene, die optimal an die Region und an meine Arbeitsweise angepasst ist. Seit 20 Jahren kaufe ich keine Königinnen dazu.
In meiner Völkerführung reagiere ich auf die jährlich wechselnden Wetterverhältnisse, sowie auf den Zustand jedes einzelnen Volkes. Mein Leitmotiv ist: „Immer am Puls der Biene“. So ist es möglich, ziemlich effektiv auch mit einer verhältnismäßig kleinen Völkerzahl zu arbeiten.
Meine Betriebsgröße orientiert sich an meinem Anspruch auf Selbstbestimmung. Das Maß dafür liefern meine persönlichen Kapazitäten und der Preis, den ich mit meinen Produkten am Markt erzielen kann.
Läuft die Jungvolkbildung noch immer über den Schwarmtrieb?
Ich mache dann Ableger, wenn wenn die Natur der Bienen es mir vorgibt. Ich nutze Brutwaben mit Schwarmzellen von guten Völkern, die optimalerweise mehrjährige Königinnen haben für die Vermehrung. Völkern, die eine Tendenz zum Schwärmen haben, entnehme ich 1-3 verdeckelte Brutwaben in der ersten Hälfte der Rapsblüte. In guten Jahren entwickeln sich diese früh gebildeten Ableger weitgehend selbstständig. Früher habe ich viel ausprobiert, einige Jahre auch mit Begattungskästchen und Brutschrank gearbeitet. Das habe ich nach und nach alles abgelegt. Es hat mich nicht befriedigt.
Wird bei der Honigernte nach wie vor abgefegt? Was sind die Vorteile, was sind die Nachteile?
Die Honigernte ist eines der bedeutendsten und sogleich sensibelsten Ereignisse für den nachhaltigen Erfolg einer Imkerei. Von ihr hängt die Qualität des späteren Endproduktes ebenso ab, wie das Verhältnis des Imkers zu seinen Bienen und die Verfassung der Bienenvölker im weiteren Jahresverlauf. Um oder bei der Honigernte findet in meiner Imkerei der intensivste Austausch zwischen mir und den Völkern statt. Ich verstehe es als Ausdruck der Achtsamkeit und des Dankes, dass ich bei dem Vorgang der Honigernte jede Systematisierung ablehne. Ich überlasse die Pflege des Honigs bis zuletzt den Bienen und nicht Luftentfeuchtern, Wärmekammern oder sogar Honigtrocknern. Da ich sowieso am liebsten an den Bienen arbeite, ehe diese in den Tag starten, macht mir das frühe Aufstehen keine Mühe. Wenn alles passt haben ich und mein Helfer die Ernte verstaut, ehe die Bienen merken, dass ihnen etwas fehlt. Der Honig wird nach einer kurzen Erholung noch am selben Tag geschleudert.
Haben Sie in der Saison Unterstützung an den Bienen?
In den vergangenen Jahren habe ich einige Erfahrungen gesammelt mit Saisonkräften. Heute bin ich dankbar über die dadurch gewonnene Sicherheit. Nämlich dass die Arbeit an den Bienen eine Kontinuität an Beziehung verlangt, die über die Hochsaison hinausreicht. Zielführender für mich ist ein festes Team von Menschen und Helfern, deren Aufgaben und Fähigkeiten sich über die Zeit organisch in den Betriebsablauf einfügen.
Wieviele Wirtschaftsvölker werden geführt?
Ich betreibe eine Nebenerwerbsimkerei mit 80 bis 100 Wirtschaftsvölkern. Hauptberuflich bin ich Mutter von vier Kindern.
In welchen Beuten wird geimkert?
Zu den Bienen gekommen bin ich durch meinen späteren Ehemann. Er hatte bereits seit vielen Jahren eine Liebhaber-Imkerei und hat mich „infiziert“. Seine Bienenkästen in DN gaben das Maß vor für die späteren Beuten, die wir selbst gebaut haben aus Weymouthskiefern ergänzt durch den etwas modifizierten Celler Unterboden. Diesen habe ich während meiner Ausbildung am Bieneninstitut kennen gelernt. Ein Blick in den hohen Unterboden erspart mir oft ein Öffnen der Völker, z.B. um zu entscheiden, ob erweitert werden kann. Mir gefällt das Füttern von unten, die gute Luftzirkulation, die er im Stock ermöglicht, die Anordnung der zwei Fluglöcher und dass sich die Bienen in der Beute als Traube aufhängen können.
Ich komme mit dem Rähmchenmaß gut zurecht. Es gibt mir viele Variationsmöglichkeiten in der Völkerführung. Die Bienen passen sich an. Da gibt es andere Parameter, die entscheidender sind.
Was zeichnet den Betrieb vor allem aus und was unterscheidet ihn von anderen Erwerbsbetrieben?
Die wunderschöne Lage der Imkerei am Waldrand der Bückeberge in einem denkmalgeschützten, ehemaligen Forstgehöft. Das 4ha große Gelände um die Imkerei mit seinen diversen Erlebnismöglichkeiten. Wir haben über 100 Obstbäume gepflanzt, tausende Schneeglöckchen angesiedelt, Blühflächen angelegt, Hecken gepflanzt, Trockenmauern gesetzt und vieles mehr. Damit haben wir ein Umfeld geschaffen, das nicht nur den Bienen gut tut. Unsere Kunden merken das.
Der absolute Sinn der Bienen für Ästhetik, Nachhaltigkeit und Gemeinwohl befruchtet mich täglich in der Gestaltung meines Arbeitsfeldes.
Wo liegt der Schwerpunkt in Ihrer Imkerei?
Der Schwerpunkt in meiner Imkerei liegt darin, mit meinen Bienen einen Weg des Miteinanders zu finden, der auf dem Verständnis basiert, voneinander lernen zu können. Mir ist es wichtig, wertschätzend mit den Bienen und ihren Erzeugnissen umzugehen. Das bedeutet höchste Ansprüche an die Qualität meiner Produkte. Ich arbeite so ressourcenschonend wie möglich und nutze eine ganze Bandbreite an Möglichkeiten, mit den Bienenprodukten für meinen Lebensunterhalt und den meiner Familie zu sorgen. Konkret bedeutet das, ich ernte Honig, Wabenhonig, Perga, Bienenwachs, Propolis, Drohnenbrut, Gelee Royale während der Schwarmzeit für mich und mein Team und verkaufe in je nach Jahr Ableger und Naturschwärme. Auch das Bienengift als Therapeutikum finde ich hochinteressant – das aber vorerst noch im Selbstversuch...! Die Schaumburger Waldimkerei ist ein Ausflugsort für Gruppen, wir bieten Führungen mit Beköstigung an und machen seit fast 15 Jahren pädagogische Arbeit mit Schulen und Kindergärten aus der Region. Wir haben eine gute Direktvermarktung aufgebaut, die seit 2021 durch einen Webshop ergänzt wird.
Wie sorgen Sie für das Wohl Ihrer Bienen?
Indem ich ihnen nur soviel entnehme, wie sie zu geben in der Lage sind, ohne selbst Mangel zu leiden. Ich belasse ihnen viel Honig, lasse sie jedes Jahr viel Wachs schwitzen, gebe ihnen gute Standplätze und behalte die Varroa im Auge. Ich handle an ihnen nicht nach Schema F, sondern gehe auf jedes Volk individuell ein. Das erfordert natürlich viel Erfahrung und Einfühlungsvermögen. Ich störe sie so wenig wie möglich und nehme mir Zeit, die Eingriffe gedanklich Vor- und Nachzubereiten.
Was hat Sie dazu bewogen, Berufsimkerin zu werden? Gab es einen Schlüsselmoment?
Als ich von meinem damaligen Freund zum zweiten Mal zum Tag der offenen Tür ins Bieneninstitut gebracht wurde, hat es bei mir „Click gemacht“. Damals gab es dort noch eine Tischlerei, eine Gärtnerei mit Gewächshäusern, Blätterstöcke, Körbe, Bienenhäuser, das kleine Museum im Speicher, das Labor, die Werkstätten für Honig und Wachsverarbeitung – ich war total begeistert von der Vielfalt an Fertigkeiten, die einem dort vermittelt werden konnten. Also habe ich nach dem Abitur die Ausbildung zur Tierwirtin mit Fachrichtung Bienenhaltung in Celle begonnen und parallel begonnen, meine Imkerei aufzubauen.
Wenn ich heute darauf zurückschaue wird mir bewusst, wie sehr mich dieser erste Impuls in der Ausgestaltung meiner eigenen Imkerei geprägt hat.
Was macht den Beruf für Sie so besonders?
Die Selbstbestimmung in der Schaffung einer eigenen Wertschöpfungskette von der Erzeugung eines echten Naturproduktes bis zur Gestaltung des fertigen Produktes, das dann über den eigenen Ladentisch geht. Das Leben und Arbeiten mit den Jahreszeiten. Die stetig neuen Herausforderungen, die sich aus der Arbeit mit der Natur ergeben.
Was ist es, das Sie an den Bienen so fasziniert?
Die Arbeit mit dem Verborgenen. Ein Bienenvolk hat keine Haut, die man fühlen kann, keine Augen, in die man schauen kann. Die Rätsel, die sie einem immer wieder aufgeben. Die Polaritäten, die sie in sich vereinen. Die Ahnung, dass sie einem voraus sind. Ihr weisheitsvolles Wirken. Ihre grenzenlose Verbundenheit. Ihre Schönheit, die sich in ihren Erzeugnissen widerspiegelt.
Wo sehen Sie Ihre Stärken in der Imkerei, gar Ihr persönliches Steckenpferd?
Eine Stärke von mir ist die Sicherheit, in dem Moment wo ich ein Volk öffne (meistens) zu wissen, was ich zu tun habe. In meinen über Jahrzehnte erlernten Einfühlungsvermögen für die Vorgänge im Bienenvolk.
Gibt es einen Beruf, der ebenfalls für Sie in Frage gekommen wären oder für den Sie großen Respekt oder gar Faszination aufbringen?
Begeistern kann ich mich für jede Form künstlerischer Tätigkeiten. Wobei ich glaube, dass es noch schwieriger ist, damit Geld zu verdienen, als mit der Imkerei. Ebenfalls faszinierend finde ich den Beruf des Försters. Ich sehe Parallelen zwischen der Waldbewirtschaftung und dem Imkern. Als Förster hat man es ebenfalls mit einem unüberschaubaren Organismus zu tun. Man muss generationsübergreifend denken und planen können, ist den Launen der Natur ausgesetzt und braucht Geduld und Ausdauer. Ähnlich wie der Imker trägt der Förster eine große Verantwortung für den Erhalt gesunder Ökosysteme und setzt sich im besten Falle dafür ein, seine Kenntnisse über wichtige Zusammenhänge in der Natur einer zunehmend entfremdeten Gesellschaft zu vermitteln.
Was macht Anna-Lisa Giehl, wenn sie sich entspannen und den Kopf frei kriegen möchte?
Ich gehe raus und streife durch den Wald. Im Sommer setze ich mich zu den Bienen in meinem Garten oder wühle in der Erde. Im Winter schaue ich gerne in die Flammen eines fröhlichen Feuers im Kamin.
Wann und wie kam der Gedanke auf, das „Bienenhaus“ zu bauen?
Der Wunsch, einen Ort für die Begegnung von Menschen und Bienen zu schaffen, war schon lange vor der Umsetzung in mir vorhanden. Ich möchte etwas von dem Reichtum, den die Arbeit mit den Bienen mir schenkt, mit anderen Menschen teilen. Das Bienenhaus hatte gedanklich schon viele Formen angenommen, über die ich mich mit meinem damaligen Mann gut austauschen konnte.
Ein steigendes Interesse aus der Bevölkerung für die Bienen und ihre Not, ausgelöst durch die Nachrichten in den Medien über das Bienensterben, fiel zusammen mit einer vorzeitigen Erbschaft. Als dann eines Abends bei einer Flasche Wein die Idee für die Form des Bienenhauses entstand, die Form einer gerade geschlüpften Bienenlarve, griff ich sofort zu Stift und Papier und malte es auf. Damit war das Bienenhaus geboren. Das war etwa 4 Jahre vor der offiziellen Eröffnung der Bauskulptur im Mai 2018.
Gab es eine Inspiration? Mensch, Buch etc.?
Meine Inspirationsquelle sind die Bienen und die Erfahrungen, die ich mit ihnen mache. Ohne die Hilfe und Unterstützung aus der Familie und dem Freundeskreis wäre das Bienenhaus aber nie zu dem geworden, was es heute ist.
Welche Idee steckt dahinter?
Die vielleicht wichtigste Idee war, einen Ort schaffen zu wollen, der die Bienen „sprechen“ lässt. Im Bienenhaus kommt man den Bienen ganz nah, ist umgeben von ihrem Sound, ihrem Fluidum, kann sie beobachten oder die Augen schließen und dabei selbst zur Ruhe kommen. Es wird bewußt auf Schautafeln oder die übliche Wissensvermittlung verzichtet. Es geht um das eigene, unmittelbare Erleben. Ich möchte, dass der Besucher berührt wird und einen Anstoß bekommt, sich selbst als handlungsfähigen Menschen für eine gesündere Zukunft zu begreifen. Besonders schön ist es auch, wenn Gruppen von Menschen gemeinsam Zeit im Bienenhaus verbringen und in den Austausch kommen.
Wie fügt sich das „Bienenhaus“ heute in Ihre Imkerei ein?
Das Bienenhaus mit Bienengarten ist auf dem Gelände der Schaumburger Waldimkerei angesiedelt und ist an den 2016 gegründeten gemeinnützigen Verein „Schaumburger Bienenhaus“ ( www.das-bienenhaus.de ), verpachtet. Darüber hinaus kann es extern für Veranstaltungen und Seminare von der Waldimkerei gemietet werden. Die sozialen Herausforderungen des Miteinander, die mit der Vereinsarbeit einhergehen, bilden seither eine neue Dimension in meinem Leben als Imkerin. Das ist auch ein Bienenthema.
Das Bienenhaus bereichert das Erlebnisangebot z.B. für Honigkunden, wenn es während der Saison 1x wöchentlich zum Tag der offenen Tür einlädt. Die pädagogische Arbeit mit Kindern, die ich seit über 10 Jahren mit der Waldimkerei aufgebaut habe, wird inzwischen vom Verein weitergeführt.
Für mich als Imkerin ist die Arbeit mit den Bienen im Bienenhaus ein besonderes Lernfeld, weil ich hier ganz ohne Ertragsabsichten und mit Naturwabenbau imkern darf. Ich kann mich mit den Biografien einzelner Völker beschäftigen und lernen, wie die Bienen sich weitestgehend ohne lenkende Eingriffe entwickeln. Neue Fragen entstehen. Z.B. wieviel Honig kann ich den Völkern entnehmen, ohne sie im Winter auffüttern zu müssen? Wieviel Drohnen erlaubt sich ein Volk? In welchem Rhythmus schwärmen die Bienen und viele weitere mehr. Die gewonnenen Erkenntnisse befruchten meine Profession als Imkerin im Wirtschaftsbetrieb.
Können Sie mir, als hätte ich keine Ahnung, kurz erklären: Was unterscheidet ein klassisches Bienenhaus von Ihrem „Bienenhaus“?
Klassische Bienenhäuser sind Zweckbauten für die Arbeit des Imkers an seinen Völkern. Mich haben sie schon immer fasziniert. Es sind oft sehr intime Orte, zu denen außer dem Imker nur wenige Menschen Zutritt haben. Das Bienenhaus, das ich gebaut habe, ist aber ausdrücklich als Begegnung- und Lernort gedacht. Die unkonventionelle Bauweise und die Präsenz der Bienen im Raum inspiriert Künstler, ebenso wie Geschäftsleute. Z.B. hat die frühere Landwirtschaftsministerin von Niedersachsen zwei Jahre in Folge ihre letzte Klausurtagung des Jahres im Bienenhaus abgehalten. Es ist heute eine dringende Aufgabe der Imker, in die Gesellschaft hinein zu wirken. Die Zeit des „stillen Friedens im eigenen Kämmerlein“ ist vorbei. Bienen können verbinden. Und sie können demütig machen.
Sie haben kürzlich an einem Kinderbuch Noemi und die Bienenkönigin von dem spirituellen Autor Karsten Massei mitgewirkt – bitte stellen Sie das Buch kurz vor und erklären Sie ihre Rolle dabei.
Das Bilderbuch „Noemi und die Bienenkönigin“ ist ein Gemeinschaftswerk einiger Vereinsmitglieder. Karsten Massei ist ein langer Wegbegleiter und Lehrer von mir. Er hat neben Randolf Menzel schon bei der Eröffnung des Bienenhauses einen Vortrag gehalten. Ihm haben wir die Zusammenarbeit mit dem Futurum Verlag zu verdanken. Der Wunsch des Vereins war es, ein Buch für Kinder zu machen, bei denen durch einen Besuch im Bienenhaus die Neugierde für die Bienen geweckt wurde. Noemi hat eine Nachbarin, die Imkerin ist und erlebt mit ihr das Bienenjahr. In ihrer Traumwelt begegnet sie den Bienen auf ihre eigene Weise. Das führt zu einem intensiven Austausch zwischen ihr und der Imkerin.
Ich habe die Entstehung des Buches mit meinem Fachwissen begleitet.
Wer sind die größeren Lehrmeister: die Bienen oder die Kinder?
Gute Frage! Beides sind Lehrmeister, durch die die Zukunft zu mir spricht. Ich glaube auch, ich habe zu beiden ein ähnlich inniges Verhältnis. In den Bienen spiegelt sich meine eigene Persönlichkeit mit all seinen Facetten, schönen wie weniger schönen. Durch meine Kinder lerne ich, die Einzigartigkeit eines jeden Menschen zu schätzen und die bedingungslose Liebe.
Welche Lektionen haben Sie insbesondere beeindruckt und beeinflusst?
Aus Fehlern zu lernen. Das richtige Maß zu halten. Die Verbundenheit allen Lebens. Niemals vergessen, zu danken.
Spiritualität und Imkerei scheinen in ihrem Fall zusammen zu finden, wie gestaltet sich Ihr spiritueller Zugang zu den Bienen?
Wenn ich an einen Bienenstand komme, gibt es immer einen Moment des Innehaltens, an dem ich mich auf das konzentriere, was da ist und was ich mit den Bienen vorhabe. Das kann sehr schnell gehen oder auch mal länger dauern. Dann gibt es den Augenblick am geöffneten Volk, der fast schon heilig ist und so kurz gefasst wird wie möglich. Da gehe ich in die totale Präsenz (wenn nicht, sticht mich eine Biene und holt mich zurück...). Deshalb arbeite ich auch am liebsten alleine und ungestört an den Bienen. Und es gibt einen Nachklang, der mit kurzen, zusammenfassenden Aufzeichnungen am Bienenstand beginnt und manchmal erst nachts vor dem Einschlafen aufhört.
Ich bin aber auch oft bei den Bienen, wenn ich allgemeine Fragen habe. Dann schaue ich ihrem Treiben am Flugloch zu und meist bekomme ich gute Ideen.
Wie gestaltete sich der Weg zur Imkermeisterin? Gab es Hindernisse in dieser noch immer eher von Männern dominierten Berufswelt?
Nein, es gab keine Hindernisse. Erinnern kann ich mich noch an den einwöchigen Pädagogik-Kurs zur Mitarbeiterführung. Da war ich die einzige Frau unter lauter angehenden konventionellen Landwirtschaftsmeistern. Da kam ich mir schon etwas exotisch vor. Zum Glück mag ich Bier und kann auch ganz gut Tischkicker spielen...
Erleben Sie wiederkehrende gängige Vorurteile/Dinge, die Sie immer wieder ärgern?
Meine Mutter ist Schriftsetzerin und Industriemeisterin Druck. Ich bin mit dem nötigen Selbstbewusstsein aufgewachsen.
Hand aufs Herz: Was nervt manchmal am Beruf der Imkerin?
Die Frage: „Kann man von der Imkerei leben?“
Verheiratet mit einem Hobbyimker, wie sah die Arbeitsteilung im Betrieb aus? Wer konnte was am besten und tat was am liebsten? Hat sich das im Laufe der Zeit gewandelt?
Durch ihn habe ich viele handwerkliche Fertigkeiten und den Umgang mit Maschinen gelernt. An den Bienen hat er mir nach den Anfangsjahren, in denen wir alles zusammen gemacht haben, bald das Feld überlassen. Es gab auch genug andere Dinge zu tun. Inzwischen sind wir allerdings getrennt.
Wie haben Sie Familie und Beruf unter einen Hut bekommen und an welche Schwierigkeiten und schönen Momente erinnern Sie sich?
Durch sehr lange Arbeitstage, eine enorme Leistungsbereitschaft, viel Hilfe aus der Familie und von Aupairs in der Kinderbetreuung. Entscheidend für mich ist aber, dass sich Familie und Beruf immer durchdringen konnten. Ich war ja meistens vor Ort, wenn ich gearbeitet habe oder habe die Kinder zu den Bienen oder auf den Markt mitgenommen. Sternstunden für mich sind bis heute, wenn meine Kinder Interesse entwickeln für das, was ich tue und sich mit einbringen wollen. Das größte Glück einer Mutter ist doch, wenn die Kinder sich mit dem, was man ihnen vorlebt und versucht mitzugeben, identifizieren können. Auch wenn sie damit natürlich etwas ganz anderes anfangen werden, als man selbst.
Imkerei und kleine Kinder – Welche Schwierigkeiten und Möglichkeiten erleb(t)en Sie?
Es bedeutet eine enorme Herausforderung, die Kinder im Arbeitsalltag zu integrieren. Das eigene Tempo, eigene gesetzte Ziele muss man über Bord werfen können. Ich habe das besonders intensiv erleben und lernen müssen, nachdem mein viertes Kind mit einer Körperbehinderung geboren wurde. Ich kann aber nur jeder Mutter, jedem Vater sagen – es lohnt sich. Jedes Kind bringt etwas Eigenes mit und bietet einem die Chance, über den eigenen Tellerrand zu blicken und das zu Hause am Mittagstisch!
Wenn Sie das Rad der Zeit noch einmal zurückdrehen könnten, gibt es etwas, das Sie in Bezug auf Ihre Berufswahl oder Ihren Betrieb o.ä. gern noch einmal ganz anders machen würden?
Nein.
Wie betrachten und bewerten Sie die aktuelle Bewegung der nachrückenden naturnahen/wesensgemäßen ImkerInnen? (Stichwort Zeidlerei, Großraumbeuten, Naturwabenbau etc.)
Ich halte eine fundierte Ausbildung, auch für Menschen, die die Imkerei nur als Hobby betreiben wollen, für unverzichtbar. Dass die Sicht auf die Bienen ganzheitlicher wird, nicht mehr nur Honigertrag, Sanftmut und Schwarmträgheit im Vordergrund stehen, begrüße ich sehr. Als Praktikerin sehe ich die Gefahr, dass die Bienen ohne genügend Vorkenntnisse idealisiert werden und man damit dann schnell auf die Nase fällt (Völkerverluste). Die Bienen beweisen uns seit Jahrtausenden ihre enorme Anpassungsfähigkeit an Beute und Imker. Unsere eigentliche Aufgabe heute ist viel dringender, uns vereint als Imkerschaft für die Lebensgrundlagen unserer Bienen außerhalb des Flugloches einzusetzen. Der Slowenische Imkerbund geht da mit dem slowenischen Tag der Bienenweide mit gutem Beispiel voran.
Gibt es etwas, das Sie angehenden Berufsimkerinnen als Leitfaden mitgeben möchten?
Dass sie ihre Imkerei nach ihren eigenen Bedürfnissen und Qualitäten ausrichten. Der Erfolg sollte sich an der Bienengesundheit und an der eigenen Zufriedenheit messen und nicht an Tonnen von Honig oder ähnlichem.
Sie arbeiten mit hohen Idealen, was möchten Sie als Vorbild den gegenwärtigen und folgenden Generationen gerne mitgeben?
Wir Imker als Menschen, die der Natur so nahe sind, haben eine Verantwortung, uns für die Erhaltung und Verbesserung der Lebensgrundlagen von uns und den Bienen einzusetzen.
Dafür ist es wichtig, sich darüber bewusst zu werden, in welchen Zusammenhängen wir mit den Bienen arbeiten. Es geht nicht darum, besser zu sein als die anderen, es geht darum, sich selbst zu finden und aus der eigenen inneren Kraft heraus zu wirken. Das bedeutet, täglich offen zu bleiben für die Welt und lebenslanges Lernen.